Kantine-Zukunft-Talk: Future. Food. Cities

Der Kantine-Zukunft-Talk am 21. März bot Anregungen und Inputs zu nachhaltiger, städtischer Ernährungspolitik. In Form digitaler Vorträge äußerten sich internationale Expert*innen zu Fragen kommunaler Food Policy. Die anschließende und hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion gab Anlass zum Austausch. Mit dabei waren unter anderem Vertreter*innen aus dem New York Mayor’s Food Policy Office, der Stadtverwaltung von Tirana, dem Food-Policy-Prozess in Birmingham sowie Stephanie Wunder vom ThinkTank Agora Agrar und Esther Uleer, Berliner Staatssekretärin für Verbraucherschutz. 

 

Kantine-Zukunft-Talk: Future. Food. Cities – Kommunen als Treiber der Ernährungswende 

Ende März hatten wir das Vergnügen, einen anregenden Abend voller Innovationen, Ideen und Diskussionen zu erleben. In der Trainingsküche der Kantine Zukunft in Berlin finden sonst unsere Koch-Workshops und gastronomischen Impulse Raum. Beim Kantine-Zukunft-Talk nutzen wir die Chance, dort relevante Themen aus dem ernährungspolitischen- und wissenschaftlichen Kosmos zu platzieren. 

Auch bei der inzwischen fünften Veranstaltung der Reihe kamen so einige spannende Köpfe und inspirierende Stimmen in Publikum und Panel zusammen. Unter dem Motto „Future. Food. Cities – Kommunen als Treiber der Ernährungswende“ hörten wir Berichte von der Umsetzung urbaner Ernährungspolitik und eine exzellent besetzte abschließende Podiumsdiskussion. 

Kurzdefinition von Ernährungspolitik

Ernährungspolitik ist ein umfassendes Set von Entscheidungen, Programmen oder Projekten, das von Regierungsbehörden, Unternehmen oder Organisationen unterstützt wird und sich auf sämtliche Aspekte der Lebensmittelproduktion, -verarbeitung, -verteilung, -beschaffung, -schutz und -entsorgung auswirkt. Im städtischen Kontext bezieht sich urbane oder kommunale Ernährungspolitik auf gemeinsame Maßnahmen der Stadtverwaltung zur Bewältigung ernährungsbezogener Herausforderungen. Sie zielt darauf ab, vielfältige Probleme im Bereich der Ernährungssysteme anzugehen und erfordert oft die Koordination mehrerer Regierungsabteilungen und Politikbereiche sowie die Etablierung neuartiger Entscheidungsgremien. 

Quellen: 

Food Policies – Wie Städte zukunftsfähige Ernährungssystem gestalten können 

Food Policies werden auf kommunaler und nationaler Ebene initiiert, um eine zukunftsfähige Lebensmittelversorgung, im Sinne von Nachhaltigkeit und Gesundheit, für die Bevölkerung zu gewährleisten.  

Gemeinsam galt es zu erörtern, wie Berlin von erfolgreichen Modellen lernen und selbst aktiv werden kann. Dabei gilt die Auseinandersetzung mit den lokalen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, um effektive Ernährungspolitik zu gestalten. Jede Stadt hat ihre individuellen Herausforderungen und Ressourcen. Der Austausch zwischen verschiedenen Kommunen ist äußerst hilfreich und weiterbringend. Er ermöglicht, von erfolgreichen Ansätzen anderer Städte zu lernen und sie an die spezifischen Bedürfnisse der eigenen Stadt anzupassen. 

Mit einem Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand, holten wir uns zunächst digitale Impulse aus internationalen Vorzeigestädten wie Birmingham, New York und Tirana ein.  

New York City 

Tia Schwab und Lauren Drumgold sind politische Beraterinnen im Büro für Ernährungspolitik des Bürgermeisters Eric Adams von New York City. Sie präsentierten unter anderem das „NYC Good Food Purchasing“-Programm mit einem Budget von 300 Millionen Dollar. Initiativen wie diese sollen die Ernährungssicherheit, den Zugang zu gesunden Lebensmitteln und die Nachhaltigkeit im Ernährungssystem fördern. Angesichts des steigenden Nahrungsmittelunsicherheitsrisikos in den USA, insbesondere in New York City, und der bestehenden ethnischen Disparitäten, sind solche Programme von entscheidender Bedeutung. Neben Bundesernährungsprogrammen wie SNAP und WIC initiiert die Stadt lokale Initiativen wie Health Bucks, Get the Good Stuff und Groceries to Go, um die Ernährungssicherheit zu stärken. Das Büro des New Yorker Bürgermeisters setzt sich das Ziel, bis 2031 ein gerechteres, nachhaltigeres und gesünderes Ernährungssystem zu schaffen.  

Fünf Ziele der New Yorker Agenda 

  • Zugang zu gesunden und erschwinglichen Lebensmitteln 
  • Förderung der Lebensmittel-Wirtschaft und Schaffung von Arbeitsplätzen 
  • Modernisierung, Effizienz und Resilienz der Lebensmittelversorgungsketten 
  • Nachhaltige Produktion, Verteilung und Entsorgung von Lebensmitteln  
  • Unterstützung von Systemen und Nachhalten von Wissen zur Umsetzung des 10-Jahres-Plans

Den ganzen Vortrag könnt ihr hier sehen:

Birmingham 

Shaleen Meelu ist erfahrene Ernährungsexpertin und unterstützt europäische Städte bei der Entwicklung nachhaltiger Ernährungsstrategien. Ihre Arbeit konzentriert sich besonders auf die gesundheitliche Benachteiligung von Gemeinschaften in Birmingham. Im Rahmen eines EU-Projekts bietet sie strategische Beratung für urbane Ernährungsstrategien an und leitet die Food Cities 2022 Learning Partnership. 

Shaleen berichtete von Entwicklung der Ernährungspolitik in Birmingham. Einer der Meilensteine war zum Beispiel die Einführung des Programms „Tackling The Obesogenic Environment“. Die Pandemie von 2020 führte zur Ausweitung von BINDI, einem Programm zur Ernährungssicherheit. 

Die Birmingham Food System Strategy zielt darauf ab, ein faires, nachhaltiges und prosperierendes Ernährungssystem zu schaffen. Schlüsselprinzipien sind Zusammenarbeit, Ermächtigung und Gleichstellung. Wichtige Lektionen sind die Lokalisierung von Herausforderungen, die Beteiligung an internationalen Netzwerken und die Einbeziehung der Bürger. Shaleen arbeitet daran, die Transformation des Ernährungssystems auch durch Beratung anderer Städte weiter voranzutreiben.

Birminghams Schlüssellektionen 

 

  • Lokale Herausforderungen adressieren 
  • Engagement in internationalen Netzwerken 
  • Politische Verpflichtungen verbindlich sicherstellen 
  • In ein „Food Team“ investieren 
  • Beteiligte zusammenbringen 

Shaleens Vortrag findet ihr hier: 

Tirana 

Genci Kojdheli, Generaldirektor für Integration, strategische Planung und wirtschaftliche Entwicklung in der Stadtverwaltung von Tirana, spielt eine entscheidende Rolle bei der Transformation des Ernährungssystems in Tirana. Durch die Schaffung von Marktplätzen werden ländliche Produzenten mit städtischen Verbrauchern verbunden. Gerade weil Tirana noch am Anfang der Transformation steht, betont er die Bedeutung des Netzwerkens und des Austauschs mit anderen Städten, um von deren Best Practices zu lernen. Ein Initiator, der ihm zu diesem Zweck besonders wichtig ist, ist Food Trails Project.

Über Food Trails – Milan Urban Food Policy: 

Food Trails ist ein vierjähriges EU-gefördertes Horizon-2020-Projekt. Es zielt darauf ab, den kollektiven Einsatz für integrierte urbane Ernährungspolitiken des Milan Urban Food Policy Pact in Europa umzusetzen. Zudem sollen messbare und langfristige Fortschritte hin zu nachhaltigen Ernährungssystemen erzielt werden. 

Die Aufzeichnung von Gencis Beitrag gibt es hier: 

Wie können wir in Berlin von den Erfahrungen anderer Food Policies lernen? 

Diese internationalen Impulse waren nicht nur inspirierend, sondern auch richtungsweisend für unsere Diskussionen später am Abend. Um den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben alle Infos zu verdauen, konnten sie die Pause in der Küche nutzen, um sich auszutauschen.

Für den zweiten Teil der Veranstaltung teilten hochkarätige Gäste ihre Expertise und Perspektiven in einer tiefgehenden Podiumsdiskussion.  Geladen waren Staatssekretärin Esther Uleer, Stephanie Wunder von Agora Agrar und Philipp Stierand, Geschäftsführer von Speiseräume und Projektleiter der Kantine Zukunft.

Esther Uleer ist seit April 2023 in Berlin Amtschefin und Staatssekretärin für Zentrales und Verbraucherschutz, und damit Teil der Leitung des Hauses, das in Berlin für Ernährungspolitik zuständig ist. Stephanie Wunder, Leiterin des Teams „Nachhaltige Ernährung“ bei Agora Agrar, beeindruckte mit ihrem Fachwissen über umweltfreundliche, gesunde und sozial gerechte Ernährung. Philipp Stierand, Experte für kommunale Ernährungspolitik, brachte seine jahrelange Erfahrung und sein Engagement für die Lebensmittelversorgung in Städten und Regionen ein. 

Gemeinsam diskutierten sie über die Herausforderungen und Chancen, denen sich Berlin und andere Städte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Ernährungswende stellen müssen. 

Was waren die Kernaussagen dieser Diskussion? Hier sind einige der Highlights: 

Vielfalt der Zugänge 

Die Diskussion zeigte, dass es viele unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema Ernährungspolitik gibt, sowohl national als auch international. Diese Vielfalt an Perspektiven kann eine wertvolle Quelle der Inspiration und Innovation sein. 

Netzwerke sind entscheidend 

Es wurde betont, wie wichtig der Aufbau und die Pflege von Netzwerken für den Erfolg von Ernährungsinitiativen sind. Durch den Austausch von Erfahrungen und Ressourcen können Städte voneinander lernen und gemeinsam an Lösungen arbeiten – in Deutschland und darüber hinaus 

Budget und Finanzierung 

Die Diskussion drehte sich auch um die Herausforderungen der Finanzierung von Projekten im Bereich der Ernährungspolitik. Es wurde betont, wie wichtig es ist, vorhandene Ressourcen sinnvoll einzusetzen und nachhaltige Finanzierungsmodelle zu entwickeln. 

Holismus in der Politik 

Die Diskussion unterstrich die Bedeutung einer ganzheitlichen Herangehensweise an das Thema Ernährungspolitik. Gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Aspekte müssen gleichermaßen berücksichtigt werden, um langfristige Lösungen zu entwickeln. 

Kommunikation und Zusammenarbeit 

Schließlich wurde die Bedeutung offener Kommunikation und Zusammenarbeit betont. Durch den Dialog zwischen verschiedenen Akteuren können Missverständnisse ausgeräumt und gemeinsame Ziele definiert werden. 

Einblicke und Ausblicke 

Insgesamt war der Kantine-Zukunft-Talk am 21. März ein vorwärtsgewandter Abend, der uns alle dazu ermutigt hat, weiterhin an einer nachhaltigen Ernährungswende zu arbeiten.  

Den Kantine-Zukunft-Talk beenden wir stets mit folgender Frage an unser Podium: „Wenn wir heute ein großes Plakat anfertigen lassen würden, das an der Fassade des Roten Rathaus aufgehangen werden würde, und du entscheiden könntest, welche Message würdest du drauf drucken?“  

Stefanie Wunder betonte: „Packt die Kohle in sinnvolle Projekte!“ und stellte vorn an, dass damit auch gemeint sei, Mittel nicht für den Druck von Plakaten aufzuwenden. Philipp Stierand deklarierte: „Ernährung ist politisch, Appetit ist es nicht!“. Den Aussagen zustimmend und ergänzend formulierte Esther Uleer „Steckt das Geld in konkrete Maßnahmen!“. Das Podium verdeutlichte somit nochmal die Notwendigkeit einer aktiven politischen und ressourcenbewussten Gestaltung im Ernährungsbereich. 

Vielen Dank für den Austausch, das große Interesse und den spannenden Abend. 
Wenn ihr auch beim nächsten Kantine-Zukunft-Talk dabei sein wollt, laden wir euch bereits jetzt herzlich für Donnerstag, den 21. November in unsere Trainingsküche ein. Es lohnt sich auf jeden Fall! 
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