„Ich will was für die nächste Generation tun.“

Sebastian Wrede kocht für die Caritas-Kita Mariä Himmelfahrt in Berlin Kladow. Nicht nur bereitet er das tägliche Mittagessen für 85 Kinder zu, sondern stellt Marmeladen, Konfitüren, Sirup und Säfte selbst her. 2021 hat die Einrichtung die Kantinen-Werkstatt abgeschlossen. Beim Besuch in der Kita, tauschen wir uns über seine Erfahrungen aus.

Während das Chili sin Carne vor sich hin blubbert, erntet Sebastian Wrede Kräuter – von der Küche aus führt eine Tür fast direkt zu den Gartenbeeten. Eines davon bewirtschaften die Kinder mit den Erzieher*innen, das andere ist die Spielwiese des Kita-Kochs. Hier wächst viel Gutes: von Aubergine bis Zitronenmelisse. Mit dem frisch geernteten Rosmarin und Salbei setzt er einen Aprikosen-Kräuter-Sirup an, der sich bei den Kindern – verdünnt getrunken – großer Beliebtheit erfreut.

Ein bisschen Stolz ist dem aufgeweckten Koch anzumerken, wenn er von seiner Arbeit und den Entwicklungen spricht: „Wir sind die erste Gemeinschaftsverpflegung der Caritas, die bei Kantine Zukunft mitgemacht hat“, erzählt er. Fünfmal die Woche bereitet Sebastian mit viel Vergnügen und Elan den Mittagstisch für 85 Kinder in der Kita Mariä Himmelfahrt zu – und das alleine.

        

Sebastian arbeitet seit sechs Jahren hier und will etwas nachhaltig verändern. Als Vater von vier Jungs weiß er, wie man Kinder überzeugen kann, gern frisches Gemüse, Kräuter und sogar Knoblauch zu essen. Als leidenschaftlicher Koch wollte er zudem wieder mehr handwerklich arbeiten und mit frischen Bio-Produkten kochen. Diese Motivation führte zu seiner Initiative: Er schlug der Kitaleitung vor, am Trainingsprogramm der Kantine Zukunft teilzunehmen. Die Kolleg*innen fragten nur: „Kostet das was?“ Und da die Kantinen-Werkstatt für alle Küchen kostenlos ist, meldete sich Sebastian für das praktische Beratungsprogramm an.

Der Informationsaustausch mit Trainer Patrick Wodni machte großen Spaß und war inspirierend. „Gerade die Kleinigkeiten sind es, die helfen, einen abwechslungsreichen und attraktiven Speiseplan zusammenzustellen. Zum Beispiel das Rezept für die Linsen-Focaccia, das ich bei einem Koch-Workshop kennenlernte. Brot essen die Kinder immer gerne und in diesem stecken sogar wertvolle Hülsenfrüchte“, freut sich der Koch. Der Ansatz der Kantine Zukunft hat ihn überzeugt: Es kommt vor allem auf die komplette Umstellung der Küchenprozesse, des Speiseplans und die Art zu kochen an, nicht nur darauf, mehr Bio-Produkte einzusetzen. Weniger Fleisch, mehr saisonales und regionales Gemüse und eine gute Planung, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Dann komme man auch mit dem knappen Budget zurecht.

Sebastians Motivation: „Ich will was für die nächste Generation tun.“ Seine Herausforderung: „Dass ich bei den geringen Mengen, die ich beziehe, auch bezahlbares Bio bekomme. Trotzdem stimmt es nicht, dass Bio pauschal teurer ist. Viele Kolleg*innen denken das und haben deshalb Skrupel umzustellen.“ Um hochwertiges, regionales Fleisch innerhalb des knappen Budgets anbieten zu können, hat er von einem Kladower Jäger ein ganzes Wildschwein bestellt, das er selbst ausschlagen und zerteilen muss. In der Gefriertruhe warten dann die Stücke auf ihre Verwertung als Gulasch, Boulette oder Bolognese.

 

Eine pflanzenbasierte Ernährung hat aber eindeutig Vorrang. Der Koch probiert viel aus, um Kindern und Pädagog*innen Gemüse, Hülsenfrüchte und Co. so schmackhaft wie möglich zu machen. Aus gesammelten Quitten extrahiert er zum Beispiel Saft ohne Zuckerzusatz, aus den Fruchtresten stellt er Quittenbrot her, das ähnlich wie kandierter Ingwer schmeckt – ein leckerer Nachtisch. Das Rezept für das knallrote und äußerst beliebte Rote-Bete-Ketchup hat er von Kantine Zukunft. Wenn es mal Pommes gibt, dann kommt nicht nur ein Klecks davon drauf, sondern die Kinder essen sich schon mal an der zuckerarmen Rote-Bete-Variante satt.

Und wie schafft er es, ganz allein und ohne Fertigprodukte, täglich frisch zu kochen?

 

„Mehr Arbeit macht es nicht, man muss nur mehr nachdenken, gut planen und kreativ kochen.“ Wenn es zum Beispiel am Montag ein Gericht mit Kartoffelbrei gibt, dann kocht er gleich mehr davon und verbraucht das übrige
Püree im Laufe der Woche zum Beispiel für Kartoffelspätzle oder zum Abbinden von Soßen.

Aber das Beste an seiner Arbeit ist für Sebastian die Ehrlichkeit der Kinder: „Die sagen dir knallhart und direkt, wenn es ihnen nicht schmeckt. Dann heißt es, kompromissbereit sein und mal frische Waffeln backen.“

Text: Susanne Salzgeber
Fotos: Joanna Nottebrock

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